Die DMK Group steht an einem entscheidenden Punkt ihrer Entwicklung. Das Unternehmen hat in den letzten Jahren umfassende Veränderungen durchlaufen, um sich für die Zukunft fit zu machen. Effizienzsteigerung, Digitalisierung und nachhaltige Produktion stehen dabei im Fokus. Ein Gespräch über den aktuellen Stand der Transformation bei DMK und die geplante Fusion mit Arla, einem der wichtigsten Akteure in der Milchindustrie.
Ingo Müller: Die DMK Group hat in den letzten Jahren eine tiefgreifende Transformation durchlaufen. Unser klares Ziel ist, nicht nur kurzfristig auf Marktveränderungen zu reagieren, sondern eine langfristig stabile, wettbewerbsfähige und nachhaltige Unternehmensstruktur zu schaffen. Dafür haben wir unsere Wachstumsfelder neu definiert und uns konsequent auf Geschäftsbereiche fokussiert, die langfristig Potenzial bieten. Die zentrale Frage war und ist: Wo können wir unseren Marktanteil ausbauen und welche Geschäftsfelder sind für uns nicht mehr zukunftsfähig? Ganz klar: Wir wollen unsere Ressourcen gezielt in hochwertige, margenstarke Produktkategorien investieren. Kurz gesagt: Wir wollen mehr Klasse statt Masse. Kein einfacher Weg, aber essenziell für unseren Erfolg. Und der stellt sich zunehmend ein.
Ingo Müller: Wir sind beide gesunde Genossenschaften und führen seit Jahresbeginn Gespräche mit der Frage: Kann es angesichts der globalen wirtschaftlichen und politischen Veränderungen sinnvoll sein, mit einem wichtigen Player in der Milchbranche zu fusionieren? Es ging dabei um gemeinsame Werte und eine geteilte Unternehmensphilosophie, denn das ist es, was den Charakter und den Erfolg unseres Schaffens ausmacht. Die Gespräche liefen auf einer absoluten Vertrauensbasis mit dem Ergebnis, dass Arla und DMK die gleichen Werte teilen, aber auch gemeinsame Vorstellungen zur Wertschöpfung haben, sodass eine Zusammenlegung für beide Seiten sinnvoll wäre. Wir sind dann keine Konkurrenten mehr, sondern eine Molkerei mit gebündelter Schlagkraft.
Philipp Inderhees: Die Landwirte bei Arla haben das gleiche Interesse wie unsere: einen leistungsfähigen Milchpreis zu erzielen. Mit dieser Fusion können wir das langfristig absichern, denn wir bieten nicht nur ein starkes Produktportfolio an – durch die globale Reichweite von Arla erreichen wir in Zukunft Verbraucher und Kunden auch außerhalb unserer geografischen Grenzen. Insgesamt stärken wir unsere Widerstandsfähigkeit, stabilisieren unsere Erträge und steigern unsere Leistungsfähigkeit. Mit dem gemeinsamen Know-how treiben wir Technologie und Innovationskraft in der Milchwirtschaft voran und bieten unseren Landwirten gleichzeitig ein starkes Zuhause.
Ingo Müller: Arla Foods ist eine Genossenschaft mit Landwirten in sieben Ländern. Die demokratische Struktur verleiht dem Vorstand und der Vertreterversammlung Entscheidungsbefugnis. In einer zweijährigen Übergangsphase würden alle demokratischen Gremien von DMK und DOC Kaas so angepasst, dass die wichtigsten Entscheidungsmandate auch im Vorstand, in der Vertreterversammlung sowie im Managementteam von Arla repräsentiert sind. Am Ende des Übergangszeitraums werden die DMK- und DOC Kaas-Strukturen in die bestehenden Strukturen von Arla integriert. Ein DMK-Landwirt wird also von Beginn an den gleichen Einfluss wie jeder andere Landwirt bei Arla Foods haben.
Philipp Inderhees: Wir setzen natürlich weiterhin auf die Stärkung unseres Standorts in Deutschland. Wir sind als DMK bereits stark. Mit der geplanten Fusion sind wir aber auch wirtschaftlich gut aufgestellt. Trotz eines Rückgangs des europäischen Milchpools gewinnen wir durch neue, diversifizierte Produktportfolios und Marktpositionen an Widerstandsfähigkeit. Als Europas größte Molkereigenossenschaft können wir Partnerschaften mit Kunden aufbauen, um deren Geschäft zu stärken und ein attraktives Umfeld für Landwirte, Mitarbeitende und Geschäftspartner zu schaffen – in Deutschland und in den durch Arla erweiterten Absatzmarkt.
Philipp Inderhees: Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verändern sich in immer kürzeren Abständen und haben sich in den letzten Jahren gravierend gewandelt: Geopolitische Spannungen, Veränderungen in der Handelspolitik, Inflation, Energiekrise, Arbeitskräftemangel, die Blauzungenkrankheit oder veränderte Ernährungsgewohnheiten beeinflussen unser Marktumfeld fundamental. Diese Entwicklungen zwingen uns dazu, unsere strategische Planung ständig zu hinterfragen und flexibel auf Veränderungen zu reagieren.
Ingo Müller: Ein Beispiel ist der Bereich pflanzlicher Milchalternativen: Während wir ursprünglich ein starkes Wachstum in diesem Segment erwartet hatten, hat sich der Markt tatsächlich langsamer entwickelt, als prognostiziert. Daher haben wir unsere Planungen angepasst und setzen verstärkt auf unsere Kernkompetenz – die Milchverarbeitung.
Philipp Inderhees: Wir müssen zudem feststellen, dass der globale Wettbewerb stark zunimmt. Insbesondere asiatische Märkte haben ihre eigene Milchproduktion massiv gesteigert, was den internationalen Wettbewerb zusätzlich intensiviert. Hier gilt es, flexibel zu agieren und sich langfristig bestmöglich zu positionieren.
Ingo Müller: Eine der größten Herausforderungen ist die rückläufige Milchproduktion in Deutschland und Nordeuropa. Während in der Vergangenheit größere Betriebe den Rückgang kleinerer Höfe kompensieren konnten, beobachten wir heute eine stagnierende bis sinkende Gesamtproduktion. Dies hat direkte Auswirkungen auf unseren Rohstoffmarkt. Diese Entwicklungen erfordern eine flexible und vorausschauende Strategie, um unsere Position zu behaupten.
Philipp Inderhees: Neben der Rohstoffverfügbarkeit hat sich auch das Konsumverhalten der Verbraucher verändert. Preisbewusstsein dominiert zunehmend die Kaufentscheidungen, was für Premiumprodukte eine Herausforderung darstellt. Deshalb müssen wir innovative Produkte entwickeln, die sowohl qualitativ hochwertig als auch preislich konkurrenzfähig sind.
Ingo Müller: Der Erfolg unserer Transformation der letzten Jahre ist beachtlich: Wir gehören zu den Marktführern bei Käse und Quark, haben mit Milram in den Produktkategorien Frühlingsquark, Buttermilchdrinks und Schnittkäse eine starke Marktposition, wir sind im Foodservice die Nummer 1 in der DACH-Region und haben mit unserer Molkeveredelung ein wichtiges und wertvolles Geschäftsfeld geschaffen. Zudem haben wir den Turnaround bei Baby nahezu erreicht und Kontinuierliche Verbesserung (Programm Tiger) fast im gesamten Unternehmen etabliert. Mit einem hochmotivierten, vielfältigen Team arbeiten wir in unserer geschaffenen Matrixstruktur sehr effizient und unter einem ständigen Kostenfokus. Wir haben uns Prozessstrukturen geschaffen, mit denen wir die Vielfalt unseres Produktportfolios und unserer Kundenbeziehungen erfolgreich managen können. Und wir haben uns über unsere Nachhaltigkeitsstrategie als wertvoller und verantwortungsbewusster Ansprechpartner in der Branche ein hervorragendes Image geschaffen.
Philipp Inderhees: Wachstum, Effizienz, Nachhaltigkeit – das ist unser Weg nach vorn. Die tragenden Säulen unserer Wachstumsstrategie sind ein starkes Retail- und Foodservice Geschäft im Marken und Eigenmarkenbereich, insbesondere in unseren Kernmärkten Deutschland und Holland. Als DMK Group stellen wir hochwertige Milchprodukte her, dabei stehen die Kategorien Käse, attraktive Segmente der weißen Linie sowie ein Ausbau unseres internationalen Ingredientsgeschäftes im Fokus.
Bis Ende 2026 haben wir bis zu 120 Millionen Euro Kosten eingespart, indem wir unsere Prozesse weiter optimieren, die Automatisierung vorantreiben und gezielt in effizientere Produktionsanlagen investieren. Durch intelligente Datenanalysen wollen wir Produktionsausfälle minimieren und Markttrends besser vorhersehen. Um diese Veränderungen erfolgreich umzusetzen, investieren wir verstärkt in die Weiterentwicklung unserer Mitarbeitenden. Schulungs- und Weiterbildungsprogramme werden auf digitale Kompetenzen, Prozessoptimierung und nachhaltige Unternehmensführung ausgerichtet.
Ingo Müller: Gleichzeitig überarbeiten wir unser Produktportfolio, indem wir uns noch stärker auf profitable Segmente konzentrieren. In Exportmärkten mit niedriger Marge werden wir unsere Präsenz reduzieren, während wir unsere Marktstellung in den Kernregionen stärken. Besonders in den Niederlanden setzen wir auf strategische Anpassungen, indem wir neue Organisationsstrukturen implementieren, um schneller und flexibler auf Marktanforderungen reagieren zu können.
Philipp Inderhees: Nachhaltigkeit wird von uns nicht nur als ökologische Notwendigkeit betrachtet, sondern auch als wirtschaftlicher Faktor. Wir wollen Mehrwerte für unsere Kunden und Landwirte schaffen, indem wir nachhaltige Produktionsmethoden mit wirtschaftlichem Nutzen verknüpfen. Die größte Herausforderung bleibt die wirtschaftliche Umsetzung. Nachhaltigkeit ist Zukunftsfähigkeit – ist aber auch mit hohen Kosten verbunden, und diese Kosten müssen wir in einem starken Wettbewerbsumfeld mit unseren Produkten am Markt reinholen.
Ingo Müller: Die geplante Fusion wird unsere Strategie, die Milchwirtschaft der Zukunft zu gestalten, unterstützen. Wir werden auch 2030 ein führendes Unternehmen in der Milchbranche sein. Unser Produktportfolio wird weiterhin auf Milch basieren, ergänzt durch innovative Produkte, die sich an veränderten Konsumentenbedürfnissen orientieren. Unser Auftrag: die höchste Wertschöpfung für die Milch unserer Landwirte sicherstellen und gleichzeitig Wachstumsmöglichkeiten schaffen. In diesem Punkt wird es keine Veränderung geben.